Jedes Mal, wenn ein neues Semester beginnt, fürchte ich mich ein wenig vor dem Moment, in dem ich in ein neues Seminar rein muss. Und ich weiß auch nie, wovor ich mehr Angst habe: Davor, niemanden zu kennen, oder davor, jemanden zu kennen. Wahrscheinlich ist es eine Mischung aus beidem. Dieses Mal fiel es mir aufgrund des Wohnorts- und Universitätswechsels gleich noch schwerer, mich mit dem Gedanken an diesen Neustart anzufreunden. Denn selbst ein bekennend misanthropischer Mensch wie ich muss zugeben: Kontakte an der Uni knüpfen ist so ziemlich der wichtigste Schritt, den man im gesamten Studium geht. Man kommt zwar auch gut klar, wenn man sich nur auf sich selbst konzentriert, aber Verbündete machen das Leben leichter oder manchmal auch einfach nur angenehmer.
Alle sitzen im selben Boot
Mir hilft es, vor der ersten Vorlesung oder dem ersten Seminar im neuen Semester erstmal tief durchzuatmen und mir klarzumachen, dass es da drin nur den wenigsten Menschen anders geht als mir. Klar, manche kennen sich seit der Schulzeit und haben beschlossen, dasselbe zu studieren und alle Fächer miteinander zu belegen. Aber seien wir mal ehrlich, diese Menschen sind ganz klar in der Minderheit. Die meisten studieren für sich selbst und wollen sich nicht für Medizin einschreiben, nur weil die beste Freundin das tut – wäre ja auch nicht besonders erwachsen.
Wenn ich dann einen ersten Blick in den Hörsaal werfe, stelle ich schnell fest, dass eigentlich immer mindestens 75 Prozent der Studenten alleine sitzen. Die meisten hängen am Handy, starren in ihren Laptop oder lesen ein Buch. Nur die wenigsten sind mit Freunden da. Der perfekte Ausgangspunkt, um sich Verbündete zu suchen.
Und, was studierst du so?
Jeder, der schon einmal in einem Club feiern war, kennt die klassischen Pickup-Lines á la „Bist du öfter hier?“ oder „Ich kenn dich doch irgendwoher“. Von solchen Sätzen würde ich auf der Uni eher abraten. Ich gehe nämlich davon aus, dass jemand öfter mal in die Uni geht, wenn er dort studiert und die Lehrveranstaltung Anwesenheitspflicht hat. Und auf den zweiten Satz hin lautet meine Antwort stets: „Du schaust definitiv zu viele Pornos“.
Ein klassischer Uni-Satz, der hingegen gar nicht mal so blöd ist wie er klingt, ist: „Und, was studierst du?“. In einer Wirtschaftsvorlesung kann man zum Beispiel zwischen BWL- und VWL-Studenten unterscheiden. Oder jemand, der eine Veranstaltung zu organischer Chemie besucht, könnte statt Chemie auch Pharmazie studieren. Die Frage lässt sich also nicht immer eindeutig beantworten.
Letztens saß ich in einer Einführungsveranstaltung, dachte, da seien sowieso nur Erstsemestrige am Weg und hab danach mit einem Mädel gequatscht, das mich gefragt hat, ob ich auch Publizistik studiere. Ich habe geantwortet, dass ich den Master mache, und sie hat erzählt, dass sie ebenfalls im Masterprogramm ist, aber davor Kultur- und Sozialanthropologie studiert hat. Was das ist, weiß ich zwar noch immer nicht, aber es hat sich ein gutes Gespräch daraus ergeben.
Wer Kontakte an der Uni knüpfen will, muss freundlich sein
Was auch eigentlich immer geht, ist ein ehrlich gemeintes, unaufdringliches Kompliment. Die Betonung liegt dabei aber wirklich auf unaufdringlich, denn sonst ist man schneller der Creep, als einem lieb ist. Während man auf Aussagen wie „Deine Augen leuchten so stark wie der hellste Stern am Horizont“ eher verzichten sollte, kommen Dinge wie: „Darf ich fragen, woher du das hübsche Kleid hast?“ eigentlich selten schlecht an – außer du stellst diese Frage als Mann, dann könnte es etwas seltsam wirken.
Wenn man ein Kompliment mit einer Frage verbindet, wirkt es weniger aufdringlich. Und im Endeffekt weiß man danach vielleicht sogar, wo man demnächst unbedingt mal shoppen gehen muss.
Gemeinsames Feindbild suchen
Auch, wenn die meisten Menschen lieber positive Vibes versprühen wollen, lässt sich doch eine Sache niemals abstreiten: Nichts, ich wiederhole, nichts verbindet mehr als ein gemeinsames Feindbild! Gemeinsam lästern schweißt zusammen wie sonst kaum etwas. Am besten sucht man sich also eine Professorin, die alle mit ihrer Art, Vorlesungen zu halten, in den Wahnsinn treibt, seufzt dann neben dem Sitznachbarn einmal theatralisch auf und lässt einen Spruch à la „Die Oide ist voll die Sklaventreiberin, oder?“ ab.
Die Wahrscheinlichkeit, dass der andere darauf eingeht, ist sehr hoch, wenn er besagte Sklaventreiberin nicht heimlich anhimmelt oder, noch schlimmer, mit ihr verwandt ist – ist mir übrigens auch schon passiert und das war keiner meiner stolzesten Momente. Bevor man anfängt, über jemanden zu lästern, lohnt es sich also, zu beobachten, ob der andere dieselbe Abneigung empfinden könnte. Überforderte Blicke, Augenverdrehen oder ein genervtes Seufzen sind ein ziemlich sicherer Indikator dafür.
Kontakte an der Uni knüpfen ist leichter als man denkt. Ich bin selbst erstaunt darüber, wie viele Menschen ich bisher in der Uni kennengelernt habe – waren zugegebenermaßen nicht immer positive Erfahrungen, aber wie sagt man so schön: Jeder Mensch, der in dein Leben tritt, ist entweder ein Geschenk oder eine Lektion. Also auf in die Uni und halten wir Ausschau nach potenziellen Geschenken! Die Österreicher dürfen sich damit aber noch Zeit lassen, schließlich ist heute Nationalfeiertag. Also genießt das verlängerte Wochenende und startet nächste Woche wieder voll durch!
Eure Julie,
Die mit dem roten Lippenstift
Christina Key
• 7 Jahren agoAch Du meine Güte, das ist ja mal wieder ein herrlicher Post! Dein Schreibstil ist so genial! :DDD
Also das Bauchmuskeltraining habe ich schon mal absolviert für heute. :))))
XX,
http://www.ChristinaKey.com
♥
Julie
• 7 Jahren agoDanke liebe Christina <3