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Ab in die Therme(nwartung)

Thermenwartung

Endlich ist sie wieder da: die Zeit, in der man wieder einen Bruchteil seines monatlichen Einkommens dafür opfern muss, nicht in einer arschkalten Wohnung zu sitzen und in der man sich morgens dank der trockenen Heizungsluft wieder auf Halsschmerzen des Todes einstellen kann. Endlich! Oh du wunderbarer Kack-November!

Damit einher geht auch noch die jährliche Thermenwartung. Diese Ausgabe fällt in dieselbe Kategorie wie die GIS-Gebühren: Jeder findet’s kacke, dass er sie bezahlen muss, aber gut, gehört halt dazu.

Heute war es dann so weit – meine Therme sollte endlich wieder gewartet werden. Nachdem ich letztes Jahr ein nicht ganz so positives Erlebnis hatte, löste der Gedanke daran in mir ein Herzklopfen aus, welches sonst lediglich ein Flug nach Berlin, ein Ausverkauf bei Twinings oder der Anblick von Kontra K bei mir bewirken können.

Was letztes Jahr konkret passiert ist? Nun, der Ulli, der meine Therme gewartet hat, kam erst mal eine halbe Stunde zu spät. Dann fragte er mich nach meinem Staubsauger, den ich vor seinem Eintreffen noch in Verwendung hatte, um zu beweisen, dass ich kein Asi bin, nur um nach einigen Minuten zu rufen: „Der Staubsauger ist kaputt, mit dem kann ich nicht arbeiten.“

Und das, obwohl er nicht mal eine halbe Stunde vorher noch blendend funktioniert hatte. Als ich ihm das sagte, wies er natürlich jeden Vorwurf von sich und auch nach meiner Beschwerde bei der Firma selbst konnte ich nichts erreichen. Und als Kirsche auf dem Sahnehäubchen verrechnete er mir auch noch 30 Euro mehr als veranschlagt, weil er ja irgendein Gas nachfüllen hätte müssen. Obwohl der Gaszähler sich am anderen Ende des Raums hinter einer Wand aus Jacken und Schuhen versteckt.

Naja. So viel zu meiner ersten Thermenwartung.

Nachdem ich aus meinen Fehlern lerne, verwendete ich dieses Mal einen ganzen Nachmittag darauf, eine andere Firma zu finden, las Rezensionen ohne Ende und rief auch bei vielen Firmen einfach nur an, um zu hören, ob mir die Leute am Telefon schon unsympathisch sind. War ja letztes Jahr auch so und das Bauchgefühlt lügt bekanntlich nicht.

Irgendwann traf ich meine Entscheidung und vereinbarte einen Termin. 5. November, Zeitfenster von acht bis acht Uhr dreißig.

Fünf Minuten nach acht klingelte es an meiner Tür und zwei Herren marschierten rein. Einer sprach wenig, der andere hatte einen guten Wiener Schmäh drauf. War mir beides recht.

Der Stumme entpuppte sich als Helfer, während der andere meine Therme auseinandernahm.

„Ajo, de is eh neu. Da brauch ma eh net viel machen. Hättens nur grad an Kübel und an Fetzen für mi?“

„Ja klar, bring ich Ihnen. Aber mein Staubsauger ist leider kaputt“, sagte ich präventiv, bevor er auf die Idee kommen könnte, danach zu fragen. Schließlich habe ich doppelt aus meinen Fehlern gelernt.

Er sah mich daraufhin an wie ein Autobus und sagte: „Okay … tut mir natürlich leid für Sie, aber was hat das jetzt mit mir zu tun?“

„Ja brauchen Sie denn keinen Staubsauger?“

„Äh … nein?“

„Oh, okay.“

Ich brachte ihm Kübel und Fetzen und sah ihm zu, wie er irgendwelche Teile meiner Therme reinigte und seinen stummen Mitarbeiter anwies, irgendwas zu spülen. War mir selber unangenehm, aber ich hatte mir geschworen, niemanden mehr mit meiner Therme allein zu lassen.

„Sie machen nur a kleine Wartung, oder?“

„Ja.“

„Gut so. Wenns die große bucht hätten, wärens deppat gwesen. Gilt übrigens a fürs nächste Jahr. Lassen Sie sich nur ka große einreden, a wenn Ihnen gsagt wird, Sie sollten alle zwei Jahre a große machen!“

Sein Kollege brachte das ausgespülte Teil zurück und er gab ihm noch eins: „Spül des a gschwind ab. Ghört zwar net zur kleinen Wartung dazu, aber auf de zwa Minuten kommt’s a net mehr an.“

Als alles gespült war und die Therme wieder zusammengebaut war, stieg er vom Stuhl und verrechnete genau den veranschlagten Betrag. Ich legte noch einen Zehner obendrauf und freute mich, dass mich die Wartung dieses Jahr insgesamt 140 Euro weniger gekostet hat als letztes Jahr. Pünktlich um acht Uhr dreißig war meine Wohnung wieder frei von fremden Männern und ich war glücklich, dass die Dinge auch tatsächlich nach Plan laufen können.

Allerdings wissen nach wie vor weder der nette Thermenherr noch ich, wofür der Ulli letztes Jahr meinen Staubsauger gebraucht hat.

 

Photo by Kira auf der Heide on Unsplash

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